Von Kernöl bis Kellerstöckl

Die Anfahrt ins burgenländische Kellerstöckl ist denkbar einfach: „Fahren Sie bis zum Schild ‚Kernöl und Kellerstöckl‘ und halten Sie dort, wir bringen Sie dann hin.“ Einen Moment lang versuche ich abzuwinken, zu erklären, dass ich keine Umstände machen möchte, dass das Navigationsgerät doch heutzutage alles findet und wir uns gleich vor Ort treffen könnten. „Nein! …

Zwischen fest und flüssig und jenseits von sozialen Festschreibungen

Colloid materials of identity im Musikvideo „Scream“ 1.      Einleitung Der Ärger begann, als ein Hausmeister am 26. September 1927 vergaß, die Türen der Aula der Emerson High School in Gary (Indiana) aufzuschließen. Eine Menschenmenge hatte sich auf dem Flur versammelt und wartete auf den Beginn der ersten Schulstunde. Zwei afroamerikanische Schüler*innen kamen vorbei. Plötzlich platzte …

Melancholische Papiergirlanden.

Eine Analyse der atmosphärischen Gestaltungsmittel in Max Ophüls Liebelei   1.      Einleitung Liebelei Ophüls weiß zu berichten: „Über Liebelei lag ein Glücksstern“.[1] Wobei dies nicht unbedingt für die Erzählung als solche gilt. Denn die Liebe zwischen Leutnant Fritz Lobheimer (gespielt von Wolfgang Liebeneiner) und Christine Weyring (Magda Schneider) steht unter einem schlechten Stern. Fritz hat …

Entuziazm im Licht der modernen abstrakten Arbeit

1.     Einführung und Ausgangslage Der Film Entuziazm (Simfonija Donbassa) ist vor allem aufgrund des kreativen Umgangs Dziga Vertovs mit dem neuen Tonmedium bekannt. Auf der Tonebene stellt er der Kirchenmusik die Internationale gegenüber.[1] Im Ticken der Uhr und im Ruf des Kuckucks kündigt sich die kommende Revolution an.[2] Keine Frage, Vertovs filmische Verfahren unterstützen auch …

Zwischen Verirrungen und Widersprüchen:

Methodenreflexion und Medienethnografische Dokumentation zur Methode des Flanierens 1.     Einleitung Im ersten Teil meines Projekts widmete ich mich im Areal Schloss Schönbrunn einer Praxis des Gehens, genauer: des Flanierens. Anhand einer erstellten Landkarte verlegte ich das Flanieren jedoch in den Cyberspace und machte meinen Stadtrundgang so auch Kolleg*innen zugänglich. Ein Kollege erkundete meine Kartografie virtuell …

Theatral oder real – (k)ein Doppelspiel

Eine Gruppe junger Menschen hüpfen vom letzten Treppenabsatz in die Unterführung einer Wiener U-Bahn-Station. Dabei lassen sie Skate-, Longboards und Roller aus einiger Höhe auf den Fliesenboden fallen, springen auf die Sportgeräte und fahren in gewandten Bewegungen an den Passant*innen vorbei. Wenige Meter weiter wartet ein Verkäufer der Wiener Straßenzeitung „Augustin“, der sich, als er …

Forschungskonzept:
Wer regiert wen?
Die Waage der Kaiserin Elisabeth.

Entwicklung der Problemstellung Susan Bordo geht in ihrem Buch Unbearable Weight. Feminism, Western Culture, and the Body bis ins viktorianische Zeitalter zurück und erklärt, dass im 19. Jahrhundert die erste (dokumentierte) kulturelle Einflussnahme auf die geschlechtsspezifischen Essgewohnheiten stattfanden.[1] Sie verbindet das Verhältnis unserer gegenwärtigen kulturellen Normen, die den Appetit der Frauen regulieren, mit den anfänglichen …

Der Brief als Requisit

Eine Inszenierungsanalyse von Michael Thalheimers Emilia Galotti Einleitung Der Prinz von Guastalla, Hettore Gonzaga, geht seinen Amtsgeschäften nach: Nichts als Beschwerden und Bittbriefe – bis eine Bittstellerin Emilia heißt. Schon der Vorname genügt, um ihn in Unruhe zu versetzen, denn seine Zuneigung gilt Emilia Galotti – gleichgültig lässt ihn jedoch der Brief seiner Geliebten, der …

Geradlinige Oberflächlichkeit:

Charakteristische Gesamtanalyse von Emilia Galotti unter der Regie von Andrea Breth

Zu Beginn des Semesters haben wir uns kurz in der Lehrveranstaltung „Aufführungs- und Inszenierungsanalyse“ persönlich kennengelernt. Die Lehrgangsleiterin stellte uns ein ehrgeiziges Programm mit vielen Theaterbesuchen vor, aber es kam ganz anders: nur wenige Tage später der Lockdown. Der Präsenzunterricht wurde auf distance learning umgestellt und ebenso fielen die Theaterbesuche ins Wasser. Somit lag der Schwerpunkt dieser Lehrveranstaltung auf der Analyse von Videos. Ungeachtet dessen möchte ich nun meine erste Inszenierungsanalyse, die ohne Interpretation und Adjektive auskommen soll, vorstellen. Nicht zuletzt weil mich viele bei der Suche nach dem Musikmöbel tatkräftig unterstützt haben.

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Schönheit ohne Ende: Medienanalyse am Beispiel des Dokumentarfilms Schönheit

„Sophia Vegas[1] macht Mami-Makeover: ‚Durch die Schwangerschaft ist einiges verrutscht‘“,[2] „Mehr Natürlichkeit: Gerda Lewis[3] plant neue Brust-OP“,[4]  oder „Adeles[5] neuer Superbody: ‚Scheidungsfrust, neue Lebenslust?‘ oder doch Magersucht?“[6] – Headlines wie diese spiegeln das öffentliche Interesse an einer gesellschaftlichen Entwicklung in den Medien wider, die das Aussehen des Körpers zum Thema hat. Medien nehmen dabei eine wichtige …