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Seit Sommer arbeite ich an meiner zweiten Semesterarbeit und übe mich im Content-Iventory und Content-Audit für unsere „Hausseite“ – inklusive kreativer Schöpfungspause.
Da ich nun einige zwischenzeitliche Projekte abschließen konnte, nehme ich den Faden wieder auf und stricke weiter an der „Content-Strategie für Kunst- und Kulturinstitute“.
Genau genommen beschäftigt mich die Online-Kommunikation für den Kulturbereich – im Speziellen für Museen – jetzt schon eine Zeit lang. Inzwischen bin ich jedoch der Überzeugung, dass die Content-Strategie Patentrezept für eine glückliche Liaison zwischen Museum und Web ist.

Nur ein kurzes Intermezzo?

Spitzfindige könnten nun sagen: „Eine Liaison ist meist nur eine hitzige, kurze Liebschaft und bedeutet nicht zwingend ein gedeihliches Miteinander. Dies stehe wohl kaum für eine erfolgreiche Content-Strategie.“
Ich stimme den Neunmalklugen an dieser Stelle zu, allerdings kann die Content-Strategie beides bewerkstelligen und sie hat das Potential, gerade „erschöpften“ Museen wieder mehr Fantasie zu bescheren.
Salopp ausgedrückt: Museen haben es nicht leicht. Gesellschaftliche Veränderungen und neue Technologien stellen Kunst- und Kulturbetriebe vor die Aufgabe innovativ zu handeln, um nicht zum Fossil der Vergangenheit zu werden. Auch die hierarchische Wissensvermittlung ist überholt, im Zentrum steht die dialogische und interaktive Aktivierung der Besucher. Es wird für die Institution Museum immer schwieriger Wissen an die Frau oder den Mann zu bringen. Nicht selten kämpfen Museen mit dem Ruf des „verstaubten Rumpelkammerls“. Dies hielt der Museumsbund bereits 2010 beim „21. Österreichischer Museumstag“ fest.[1]

Grösser, höher, länger – mehr!

Daniel Tyradellis, deutscher Philosoph und Kurator, setzt Museen Massenmedien gleich. Immer höhere Besucherzahlen, gewagte Bauten und aufwendige Ausstellungen entkräften Besucher und Einrichtung im gleichen Maße. In seinem Buch „Müde Museen“, schreibt er:
„Die Museen sind müde. Müde davon, dass es immer mehr von ihnen gibt. Müde, unter ständig schwierigeren ökonomischen Bedingungen arbeiten zu müssen. Müde vom dauernden Legitimationsdruck als teure Kulturinstitution. Müde davon, als Musentempel, Unterhaltungs- und Bildungsanstalt, regionaler Standortvorteil und Tourismusattraktion mit Erwartungen überhäuft zu werden. Müde von immer neuen Wellen medialer Innovationen: von der schon antiquiert wirkenden Diaprojektion über Videomonitore, Touchscreens und Richtlautsprecher bis hin zu Audioguides, Animationen und interaktiven Apps. Kurz: Sie sind müde davon, nicht mehr in Ruhe ihre Arbeit tun zu können. Das kann man verstehen.” (Tyradellis, 2014, p.5.)
Natürlich gehört auch eine Webseite mittlerweile zum Standard eines Kunst- und Kulturbetriebes und dient meist als erste Anlaufstelle für Besucher, die sich Informationen zur Institution beschaffen möchten. Das höchste Gebot im Internet ist die Aktualität. Informationen zu Fragen wie „Ist das Museum barrierefrei?“ oder „Darf ich meinen Hund mit ins Museum bringen?“ werden genauso gesucht wie Fakten zur Ausstellung. Die eigene Webseite ist für den Kulturbetrieb als Tool für die Informationsbeschaffung nicht mehr wegzudenken.
Für Generationen von Schülerinnen und Schülern sind Museen ohnehin tödlich langweilig. Daher ist es kaum verwunderlich, dass viele Bürger das Gebäude Museum nur von außen betrachten. Gibt es doch interessantere Arten die Freizeit zu gestalten und meist auch günstigere, als sein Geld für den Museumsbesuch auszugeben. Museum ist natürlich nicht gleich Museum. Je nach Ausrichtung verfügen sie über eine andere Selbsteinschätzung und ungleiche Praktiken.
Es liegt nicht daran, dass Museen erschöpft sind, weil sie nicht genug Originale ausstellen, zu wenig Meisterwerke haben, kaum Interaktion bieten oder medientechnisch nicht auf dem letzten Stand sind, es ist gerade umgekehrt. Sie denken, sie würden interessanter durch einmalige Originale und die Verwirklichung von jedweden medialen Spielereien. Selten kommt der Gedanke auf, dass es an den Inhalten selbst liegen könnte, die ständig in derselben Tonalität und nach ähnlichem Muster wiederholt werden, so Tyradellis. (Tyradellis, 2014, pp.9-25).

Hello Content Strategy!

Meiner Meinung nach mangelt es nicht nur an Einfällen für bemerkenswerte Ausstellungen, Bauten oder multimedialen Firlefanz, sondern vor allem an Ideen für gute Inhalte im Web.
In der Regel wissen Institutionen sehr genau wie man professionell vorzugehen hat und daher laufen die Unternehmen Gefahr, viel weniger zu tun, als theoretisch möglich wäre. Zu viele Unsicherheitsfaktoren stehen für den Kulturbetrieb im Raum und daher geht man das Wagnis erst gar nicht ein. In diesem Fall spricht Tyradellis von der „Strategie der professionellen Ermüdung“. Immer dieselbe Form zu wiederholen, um effizient zu sein. Bei einer möglichen Veränderung fühlen sich oft ganze Abteilungen und Verantwortliche ihrer Kompetenz beschnitten und viele Kultureinrichtungen neigen zur Stagnation. Innerhalb der Institution verhärten sich Strukturen oft derart, dass sogar ein Art Stillstand eintritt.[2]
Dieses Phänomen lässt sich nicht nur bei physischen Ausstellungen erkennen, sondern gilt auch für den digitalen Raum.
Und da kommen wir auch schon zum springenden Punkt: Eine Content-Strategie, die in alle Unternehmensbereiche eingreift, stellt Kulturbetriebe vor eine harte Aufgabe; Prozessänderungen innerhalb musealer Betriebe durchzuführen ist schwierig. Dabei haben Kultureinrichtungen enorme Chancen und Content-Probleme kennen sie zumeist nicht. Allerdings stellen die Institute zu wenig Mittel für Aufbereitung und Vermittlung von Inhalten zur Verfügung. Es braucht kreative Wege Inhalte an die Menschen zu bringen, egal in welchem Format, und nicht umgekehrt, denn oft wird diese Entscheidung an die neuen Medien weitergegeben.

“Heute stehen die Museen Schlange bei Agenturen und Programmierern, die Apps entwickeln, ohne genau sagen zu können, was diese konkret tun sollen. So beginnt der Prozess der professionellen Arbeitsteilung von Neuem: Die Agenturen liefern das, was sie nach ihren eigenen Kriterien am besten können, und die Kuratoren machen weiter wie bisher.“ (Tyradellis, 2014)

Strategy for Breakfast

„Culture eats Strategy for Breakfast.“: Mit diesem Ausdruck kommentierte Paul Drucker die Wichtigkeit der Unternehmenskultur. Die Kultur ist eine unsichtbare Macht, die letztendlich darüber entscheidet, ob die geplante Strategie Erfolg hat oder eben nicht. Die Inhalte werden bedeutungslos, wenn die Kultur die Unterstützung verwehrt.
Die Content-Strategie einzubetten, bedeutet meist einen strategischen Richtungswechsel, daher sind die betroffenen Stakeholder, insbesondere die Mitarbeitenden, frühzeitig mit ins Boot zu holen. Und anschließend treffen sich „Culture“ und „Strategy“ gemeinsamen zum Kulturfrühstück!
Great Gatsby


An dieser Stelle möchte ich anmerken: Die Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. (SKB) ist eine private Gesellschaft ohne Subventionen, welche ein öffentliches Kulturgut verwaltet. Dennoch hat die Touristenattraktion Schönbrunn keinen Bildungsauftrag.
[1] Museumsbund Österreich, 2010. Museumsbund Österreich. [Online] MÖ Museumsbund Österreich Available at: http://www.museumsbund.at/uploads/museumstag_archiv/Museen%20schaffen%20Wissen_Programm.pdf [Accessed 29 Augustus 2015].
[2] Tyradellis, D., 2014. YouTube. [Online] Available at: https://www.youtube.com/watch?v=Ow-43YgDSis [Accessed 20 September 2015].
Tyradellis, D., 2014. Müde Museen Oder: Wie Ausstellungen unser Denken verändern können. 1st ed. Hamburg: Edition Körber Stiftung